Stray Blade (PS5) im Test – Wenn das zentrale Element nicht mitspielt

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Stray Blade hatte ich in einer frühen Version auf der EGX 2019 in Berlin gespielt – dass es mit einem Release bis Anfang 2021 nichts werden würde, ahnte ich damals schon. Zwischenzeitlich hat sich das Spiel deutlich gewandelt und mit 505 Games auch einen Publisher gefunden. Das fertige Spiel ist seit einigen Tagen erhältlich – die Grundstruktur vom Spiel hat sich nochmal verändert, doch während mich die Spielwelt in Stray Blade auch heute noch wie 2019 begeistert, enttäuscht leider ein ganz zentrales Spielelement, sodass Stray Blade nicht der Überraschungshit geworden ist, der es hätte werden können. Ich habe Acrea auf der PS5 erkundet und verrate dir im folgenden Test mehr.

Eine fantastische Welt

Ich hatte schon 2019 in meiner Preview geschrieben: Die Spielwelt und ihr Stil in Stray Blade begeistern mich. Daran hat sich nichts geändert: Das mysteriöse Acrea ist eine der fesselndsten Welten, die ich in der letzten Zeit erkundet habe. Ich habe sie sehr gern erkundet – die Gestaltung und die Abwechslung in den Gebieten ist sehr gelungen. Acrea ist aber auch sehr verwirrend aufgebaut, sodass es nicht immer ganz leicht ist, den korrekten Weg zu finden und im Laufe des Spieles erkundet man diverse Gebiete auch mehrfach, schafft neue Abkürzungen zwischen den Gebieten und wird auch ein zweites oder drittes Mal durchs selbe Gebiet geschickt. Es kann sich manchmal also auch etwas strecken – doch dafür verändern sich die Gebiete manchmal etwas und es kommen zum Beispiel neue Gegnergruppen dazu.

Stray Blade lebt davon, dass du nicht nur die Hauptpfade abläufst, sondern dir jede Ecke der Welt anschaust, denn überall gibt es etwas zu entdecken – Geheimnisse, Artefakte, Crafting-Materialien oder Heilpflanzen. Es ist wirklich schön, denn ich genieße solche Spielwelten und schaue mir ohnehin gern jeden Winkel an – wenn es dann dort nichts zu sehen gibt, bin ich enttäuscht. Stray Blade enttäuscht mich nicht, und dabei sind manchmal offensichtliche „Verstecke“ dabei und manchmal auch Stellen, die nicht so offensichtlich sind. Ich mag die Mischung und es macht mir Spaß, jede Einzelheit der Spielwelt anzuschauen und die Rohstoffe einzusammeln – dass die dann auch wieder auftauchen nach einer Weile, kann verwirrend sein, ist andererseits aber gut für mich.

Ganz davon abgesehen ist Acrea auch sehr schön, wenngleich es technisch nicht wirklich auf dem aktuellen Stand ist. Es gibt auch ziemlich viel Kantenflimmern und immer wieder ploppen Elemente ins Bild. Manches Mal ist mir die Spielwelt auch zu dunkel und Stray Blade ist ein weiteres Spiel, in dem ich HDR-Support vermisse, auch wenn mir klar ist, dass die Implementierung für kleinere Studios nicht so leicht ist. Technisch erinnert mich Stray Blade aber wirklich eher an ein RPG von vor einigen Jahren und manches Mal habe ich auch eher die Assoziation, dass es sich um ein gutes Remaster einer vergangenen Konsolengeneration handelt – das ist auch gar nicht nur negativ gemeint, denn Acrea strahlt für mich einen Charme aus, den ich in vielen heutigen Welten vermisse. !B

Spielfigur schaut von einer Mauer in ein nebliges Tal.
Acrea hat es mir an vielen Stellen angetan.

Souls-Allüren und schlechte Kämpfe

Ich habe Stray Blade noch als Titel kennengelernt, in dem man sich eine Söldnergruppe zusammenstellt, wobei es für die einzelnen Söldner dann Permadeath gibt und man somit bei jedem Tod die Spielfigur wechselt. Dieses Konzept hat sich zwischenzeitlich (ich denke zum Guten) gewandelt und man spielt nun lediglich Farren, die Hauptfigur des Spieles, die in Acrea aufwacht und einen Weg hinaus finden will. Über Körperbau und Stimme Farrens kannst du selbst entscheiden.

Was Stray Blade aber angenommen hat: Es gibt ein paar Souls-Elemente, so wird nur an Wiederbelebunsschreinen gespeichert und wenn du in der Schlacht stirbst, wirst du grundsätzlich erst mal dort wiederbelebt. Farrens Begleiter Boji erhält später eine Fertigkeit, mit der du mit einer gewissen Chance direkt an Ort und Stelle wiederbelebt wirst, aber das Grundprinzip von Stray Blade ist ja erst mal klar. Es ist so eine Souls-lite Geschichte, die ich um ehrlich zu sein völlig unnötig finde. Da man das Erscheinen des nächsten Schreins schwer einschätzen kann, wäre mir ein freies Speichersystem um ein Vielfaches lieber gewesen.

Mit der Sache kann ich leben, doch leider ist das zentrale Spielelement in Stray Blade einfach nicht gelungen: Die Kämpfe sind technisch extrem hakelig und machen einfach nur sehr wenig Spaß. Und das ist so richtig schade.

Ein bisschen was von der Urspringsidee von Stray Blade ist übrig geblieben: Im Spielverlauf findet man Entwürfe für viele verschiedene Waffen, wobei immer zwei ausgerüstet sind. Die verschiedenen Waffen spielen sich alle sehr unterschiedlich und so fühlt es sich tatsächlich so an, als ob man verschiedene Spielfiguren spielt. Farren verhält sich in den Kämpfen ganz anders, wenn man einen Streitkolben schwingt anstatt mit einem Messer zu agieren. !B

Spielfigur im Kampf, um sie herum zwei Beutel mit Belohnungen von bereits besiegten Gegnern.
Für das Besiegen der Gegner winkt viel Loot.

Das mag ich sehr und mir gefällt auch das Fortschrittsystem, auch wenn es sehr einfach gehalten ist: Verwendet man Waffen eine Weile, steigt ihre Beherrschung, es wird eine Spezialfertigkeit und Runenplätze freigeschaltet und man kann ein Waffenattribut mittels Attributspunkten lernen, welches dann auf alle Waffen angewendet werden. Statt auf einen trögen Skilltree setzt Stray Blade also darauf, dass du alle Waffen im Spiel findest und sie auch verwendest.

Das ist Fluch und Segen zugleich, denn mit manchen Waffen macht mir das Kämpfen wirklich Spaß, während ich es mit anderen furchtbar finde. Um es einmal deutlich zu sagen: In den Kämpfen spielt sich Stray Blade nicht wie ein PS5-Spiel an, sondern es spielt sich wie ein hakeliges Spiel der PS2 Ära. Was mich besonders aggressiv macht: Beim Besiegen des letzten Gegners einer Gruppe und manchmal auch so hängt Stray Blade ganz kurz, vermutlich, weil es dann speichert. Mir ist unklar, wie so eine Sache zum Launch noch im Spiel sein kann und wie es auch mit einem Patch nach dem Launch noch nicht gelöst sein kann. So was ist doch eines Spieles aus der heutigen Zeit einfach nicht mehr angemessen.

Im Grundsatz bietet Stray Blade ein Kampfsystem mit Angreifen, Parieren und Ausweichen als zentrale Elemente – ganz ähnlich wie in vielen anderen aktuellen RPGs und natürlich auch etwas von Souls inspiriert. Die Umsetzung davon ist aber einfach nicht gelungen – es ist zu hakelig und technisch einfach nicht gut. Schade, dass die Kämpfe aber neben der Erkundung der ganz zentrale Teil des Spieles sind. Nach einigen Spielstunden werden die Kämpfe dann noch dazu etwas eintönig, während sie mich weiterhin mit ihrer schlechten Umsetzung nerven – und während ich Acrea gern weiterhin in völlen Zügen genießen möchte, vermag es ein großer Teil der Spielzeit mich eher zu nerven.

Im Endeffekt lässt sich aber auch sagen, dass die Waffenvielfalt in Stray Blade durchaus willkommen ist, es aber fürs Spiel besser gewesen wäre, auf den „Zwang“ verschiedene Waffen zu nutzen, zu verzichten. So hätte man sich dann genau diejenige herauspicken können, mit dem man das Kampfsystem halbwegs übersteht – und eine traditionelle Weiterentwicklung der einzelnen Waffe wäre die bessere Lösung gewesen. !B

Spielfigur kämpft gegen zwei Gegner, der Widersacher direkt vor der Spielfigur hat ein blaues Symbol über dem Kopf, das einen Angriff ankündigt.
Kämpfe gegen zwei oder mehr Gegner können besonders schnell frustrierend werden.

Individualität ist alles

Abhilfe schaffen da die Einstellungen zum Schwierigkeitsgrade: Man darf den Schwierigkeitsgrad von Stray Blade mit mehreren Parametern völlig selbst einstellen. Das rettet die ganze Geschichte etwas, denn du kannst selbst entscheiden, wie viel Schaden die Gegner anrichten, wie viel Gesundheit sie haben und wie schnell du sie aus dem Gleichgewicht bringst, um einen Finisher-Move anwenden zu können.

Ich bin für diese Einstellungen unendlich dankbar, denn die vorgefertigten Modi sind etwas unausgegoren, da der einfachste Modus einfach viel zu einfach ist, während der zweite Modus teils schon nervig ist. Mit den individuellen Einstellungen ist es mir aber gelungen, Stray Blade doch so einzustellen, dass mir die Kämpfe im Verlauf des Spieles etwas Spaß gemacht haben.

Ähnlich individuell wirds dann auch noch bei einer anderen Sache, nämlich bei Farrens Aussehen: In der Spielwelt versteckt sind diverse Farben, mit denen Teile der Ausrüstung individuell eingefärbt werden können. Das reicht für mich als Gestaltungsmöglichkeit meiner Spielfigur aus und bringt genügend Individualität mit rein. Das hat mir sehr gut gefallen und lässt sich auch einfach bedienen. !B

Spielfigur läuft durch die Umgebung, die Spielwelt ist recht dunkel und neblig.
Auch ein schöner Moment.

Musik macht die Atmosphäre

Einen kurzen extra Abschnitt hat sich noch die Soundkulisse von Stray Blade verdient, die ist nämlich insgesamt wirklich gelungen und trägt neben der Gestaltung der Spielwelt die Atmosphäre in besonderem Maße. Nicht alle Soundeffekte sind gleichermaßen gut, aber die Musikuntermalung und die Umgebungsgeräusche tragen wirklich Einiges zu Atmosphäre von Acrea bei.

Vertont ist Stray Blade übrigens auf Englisch – und das sehr gut. Eine deutsche Synchronisierung hätte dem Spiel durchaus auch gutgetan, aber der Kostenpunkt für eine gute deutsche Synchronisierung ist nicht zu unterschätzen, daher ist es schon in Ordnung so. Untertitel gibt es auf Deutsch.

Fazit: Das Kampfsystem bremst ein ganzes Spiel

Gamer's Palace Score 63 von 100.

Es ist wirklich zum Heulen: In seinen Grundlagen ist Stray Blade genau das Action-RPG, das ich mir wünsche: Es bietet eine wunderbare Welt voller Geheimnisse, mit abwechslungsreichen Gebieten und belohnenden Erkundungsmöglichkeiten, während man die Spielfigur zwar nicht besonders umfangreich, aber sinnvoll weiterentwickeln kann. Auch wenn das Spiel technisch schon recht offensichtlich nicht ganz die Erwartungen an ein Spiel aus 2023 erfüllt, hat Stray Blade eigentlich alles, um bei uns mit einer hohen Achtzigerwertung rauszugehen. Doch es gibt ein zentrales Problem: Das Kampfsystem ist einfach überhaupt nicht gelungen. Die Kämpfe spielen sich unglaublich hakelig, beim Besiegen von Gegnern hakt ganz gerne gleich das ganze Spiel und insgesamt funktioniert das eigentlich dynamisch wirkende Kampfsystem einfach schlecht. Die Kämpfe sind aber neben der Erkundung einfach ein ganz zentraler Teil des Spieles – und man ist durch das Fortschrittssystem mehr oder weniger „gezwungen“ alle Waffen einmal zu spielen, wobei es mit vielen davon einfach noch weniger Spaß macht als mit anderen. Die komplett individuellen Schwierigkeitsgradeinstellungen retten das Ganze etwas, aber die Kämpfe und der teils fehlende Feinschliff bremsen Stray Blade einfach auf ganzer Linie aus. Das ist furchtbar schade und es bleibt nur zu hoffen, dass die Probleme früher oder später noch behoben werden können.

ProContra
+ Wunderschöne Spielwelt mit Abwechslung– Furchtbar hakeliges Kampfsystem als zentrales Element
+ Belohnende Erkundung– Performance-Probleme
+ Individuelle Einstellungen zur Schwierigkeit– Viele frustrierende Stellen
+ Fortschrittsystem insgesamt– Technisch insgesamt nicht rund
+ Gelungene Soundkulisse– Fehlender HDR Support
+ Vielfältige Waffen– Souls-Anleihen völlig unnötig

Offenlegung

Wir haben Stray Blade selbst gekauft.

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Manuel Eichhorn
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